Re: Hosen für Orthesenkids, Rollikids oder ältere Windelkinder
Verfasst: 28. September 2020, 20:40
Die Mutter eines Mädchens mit RETT-Syndrom aus Lörrach näht modische Hosen für grosse Windelkinder, Rollilkinder, Orthesenkinder und andere behinderte Kinder
Frech, bunt, süß und modisch – so kleiden sich die meisten Kinder gern. Warum also sollte das bei einem Kind mit Behinderung anders sein? Das jedenfalls fragte sich Antje Stiefvater-Brugger. Sie ist die Mutter der anno 2004 geborenen Lea, ein auf den ersten Blick „normales“ Kind.
Bei Lea wurde im Alter von drei Jahren das Rett-Syndrom festgestellt. Eine Schock-Diagnose für ihre Eltern. „Ich musste mich zuerstmal via Google kundig machen, was das bedeutet“, erinnert sich die Mutter rückblickend. Die genetisch bedingte Krankheit kann sich in unterschiedlicher Stärke zeigen. Die in den ersten Monaten ganz gesund wirkenden Kinder verlieren nach und nach bereits erworbene Fähigkeiten, entwickeln Epilepsien, bekommen später orthopädische Probleme. Lea kann zwar laufen, verliert aber zusehends ihren Sprachschatz und muss Windeln tragen. „Finden Sie mal für eine Elfjährige eine flotte Hose, die über eine große Windel passt“, sagt Antje Stiefvater-Brugger.
Weil sie weiß, dass viele Eltern von Kindern mit unterschiedlichsten Behinderungen vor denselben Problemen stehen, beschloss sie, selbst tätig zu werden. Sie gründete den Online-Shop www.lealein.com und bietet dort modische und bequeme Kleidung an, die in Italien von einer mit ihr befreundeten Designerin und Schneiderin genäht wird.
Seit Juni 2015 ist das Angebot online. „Wenige Menschen machen sich Gedanken darüber, welche Besonderheiten Kleider für Behinderte haben müssen.“ Viele Kinder mit Down-Syndrom brauchen beispielsweise eine breitere Hüftweite. Ein Kind, das Beinschienen trägt, benötigt eine Hose mit seitlichen Reißverschlüssen ab Kniehöhe. Für Kinder mit spastischen Behinderungen ist ein leicht handhabbarer Hosenbund wichtig. Auch Windeltaschen hat sie im Angebot. Diese sind größer als die üblichen für Kleinkinder, sehen zudem altersentsprechend pfiffig aus.
„Lea liebt es, mit mir in Kleidergeschäfte zu gehen“, erzählt ihre Mutter. Umso weniger wollte sie, dass ihr Kind den Rest ihres Lebens in Jogginghosen verbringt. „Auch Behinderte haben ein Recht auf modische Kleidung.“
Die Arbeit an ihrem Online-Shop gibt Antje Stiefvater-Brugger, die bis vor kurzem noch im Logistikbereich arbeitete, viel. Diesen von ihr geliebten Job übte sie 25 Jahre aus – ein Spagat zwischen Arbeit und der Betreuung.
Sie hat schwere Zeiten hinter sich. Gemeinsam mit ihrem Mann musste sie erleben, wie ihre kleine, scheinbar gesunde Tochter im Alter von sechs Monaten erste auffällige Veränderungen aufwies. Sie zeigte an ihrer Umwelt wenig Interesse, verlernte das Spielen, vergaß erlernte Wörter und kann jetzt mit elf Jahren nur noch zehn Worte sagen. „Es gab in all den Jahren unglaublich viele Aufs und Abs“. In einer besonders schlimmen Phase hatte das Kind bis zu elf epileptische Anfälle am Tag, schlief nachts gerade mal drei Stunden durch. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist bis heute notwendig. „Lea kann Gefahren überhaupt nicht einschätzen“, so die Mutter. „Wir sind einen langen Weg gegangen und mussten viel Stärke entwickeln.“ Mitleid will sie keines. Aber ein bisschen mehr Toleranz im Alltag würde sie sich schon wünschen.
Rett-Kinder artikulieren sich häufig laut und intensiv, zeigen Verhaltensauffälligkeiten. Was musste sich Leas Mutter da schon alles anhören. „Ein Kind im Rollstuhl wird als behindert wahrgenommen. Bei Lea ist das auf den ersten Blick nicht so.“ Als ihre Tochter in einer Drogerie von einer Kundin harsch angegangen wurde, reichte es ihr. Sie entwarf einen Flyer, der über das Rett-Syndrom aufklärt und drückte ihn denjenigen in die Hand, die auf Lea befremdlich reagierten. „Das tat gut!“
Doch es gab Zeiten, in denen sich die Familie zurückzog. „Wir sind morgens um acht Uhr auf den Spielplatz, weil wir da noch allein waren und niemanden stören konnten“, erinnert sie sich.
„Es gibt zum Glück auch viele tolle Unterstützer“
Inzwischen weiß ihr Freundeskreis mit Leas Besonderheit umzugehen. Über die Karl-Rolfus-Schule, die Lea besucht, und das von Antje Stiefvater-Brugger mit ins Leben gerufene Elternnetzwerk der Lebenshilfe hat sie viele wichtige Kontakte geknüpft, Freunde- und Austauschpartner gefunden. Von der Aktion Chinderlache wurde der Familie eine Therapie finanziert, die die Krankenkasse nicht übernimmt. „Es gibt zum Glück auch viele tolle Unterstützer.“ Jammern möchte sie trotz all des Stresses nicht. Zwar ist Ausgehen, Sport, Spontanes in ihrem Leben nicht mehr möglich. „Doch wenn Lea lacht, ist das wunderbar. Die Maßstäbe verschieben sich. Wir freuen uns über Kleinigkeiten.“ Wie wichtig sind doch Gesundheit und Zufriedenheit, weiß Antje Stiefvater-Brugger. Sie hofft, dass ihr die Kraft nie ausgehen möge. Und egal, vor welch neue Herausforderungen sie der Alltag mit ihrer Tochter auch stellt: „Mein Motto ist: Es gibt für alles eine Lösung.“
Quelle: https://www.verlagshaus-jaumann.de/inha ... 7e904.html
Hier findet man den Online-Shop
Mehr Infos unter www.lealein.com
Frech, bunt, süß und modisch – so kleiden sich die meisten Kinder gern. Warum also sollte das bei einem Kind mit Behinderung anders sein? Das jedenfalls fragte sich Antje Stiefvater-Brugger. Sie ist die Mutter der anno 2004 geborenen Lea, ein auf den ersten Blick „normales“ Kind.
Bei Lea wurde im Alter von drei Jahren das Rett-Syndrom festgestellt. Eine Schock-Diagnose für ihre Eltern. „Ich musste mich zuerstmal via Google kundig machen, was das bedeutet“, erinnert sich die Mutter rückblickend. Die genetisch bedingte Krankheit kann sich in unterschiedlicher Stärke zeigen. Die in den ersten Monaten ganz gesund wirkenden Kinder verlieren nach und nach bereits erworbene Fähigkeiten, entwickeln Epilepsien, bekommen später orthopädische Probleme. Lea kann zwar laufen, verliert aber zusehends ihren Sprachschatz und muss Windeln tragen. „Finden Sie mal für eine Elfjährige eine flotte Hose, die über eine große Windel passt“, sagt Antje Stiefvater-Brugger.
Weil sie weiß, dass viele Eltern von Kindern mit unterschiedlichsten Behinderungen vor denselben Problemen stehen, beschloss sie, selbst tätig zu werden. Sie gründete den Online-Shop www.lealein.com und bietet dort modische und bequeme Kleidung an, die in Italien von einer mit ihr befreundeten Designerin und Schneiderin genäht wird.
Seit Juni 2015 ist das Angebot online. „Wenige Menschen machen sich Gedanken darüber, welche Besonderheiten Kleider für Behinderte haben müssen.“ Viele Kinder mit Down-Syndrom brauchen beispielsweise eine breitere Hüftweite. Ein Kind, das Beinschienen trägt, benötigt eine Hose mit seitlichen Reißverschlüssen ab Kniehöhe. Für Kinder mit spastischen Behinderungen ist ein leicht handhabbarer Hosenbund wichtig. Auch Windeltaschen hat sie im Angebot. Diese sind größer als die üblichen für Kleinkinder, sehen zudem altersentsprechend pfiffig aus.
„Lea liebt es, mit mir in Kleidergeschäfte zu gehen“, erzählt ihre Mutter. Umso weniger wollte sie, dass ihr Kind den Rest ihres Lebens in Jogginghosen verbringt. „Auch Behinderte haben ein Recht auf modische Kleidung.“
Die Arbeit an ihrem Online-Shop gibt Antje Stiefvater-Brugger, die bis vor kurzem noch im Logistikbereich arbeitete, viel. Diesen von ihr geliebten Job übte sie 25 Jahre aus – ein Spagat zwischen Arbeit und der Betreuung.
Sie hat schwere Zeiten hinter sich. Gemeinsam mit ihrem Mann musste sie erleben, wie ihre kleine, scheinbar gesunde Tochter im Alter von sechs Monaten erste auffällige Veränderungen aufwies. Sie zeigte an ihrer Umwelt wenig Interesse, verlernte das Spielen, vergaß erlernte Wörter und kann jetzt mit elf Jahren nur noch zehn Worte sagen. „Es gab in all den Jahren unglaublich viele Aufs und Abs“. In einer besonders schlimmen Phase hatte das Kind bis zu elf epileptische Anfälle am Tag, schlief nachts gerade mal drei Stunden durch. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung ist bis heute notwendig. „Lea kann Gefahren überhaupt nicht einschätzen“, so die Mutter. „Wir sind einen langen Weg gegangen und mussten viel Stärke entwickeln.“ Mitleid will sie keines. Aber ein bisschen mehr Toleranz im Alltag würde sie sich schon wünschen.
Rett-Kinder artikulieren sich häufig laut und intensiv, zeigen Verhaltensauffälligkeiten. Was musste sich Leas Mutter da schon alles anhören. „Ein Kind im Rollstuhl wird als behindert wahrgenommen. Bei Lea ist das auf den ersten Blick nicht so.“ Als ihre Tochter in einer Drogerie von einer Kundin harsch angegangen wurde, reichte es ihr. Sie entwarf einen Flyer, der über das Rett-Syndrom aufklärt und drückte ihn denjenigen in die Hand, die auf Lea befremdlich reagierten. „Das tat gut!“
Doch es gab Zeiten, in denen sich die Familie zurückzog. „Wir sind morgens um acht Uhr auf den Spielplatz, weil wir da noch allein waren und niemanden stören konnten“, erinnert sie sich.
„Es gibt zum Glück auch viele tolle Unterstützer“
Inzwischen weiß ihr Freundeskreis mit Leas Besonderheit umzugehen. Über die Karl-Rolfus-Schule, die Lea besucht, und das von Antje Stiefvater-Brugger mit ins Leben gerufene Elternnetzwerk der Lebenshilfe hat sie viele wichtige Kontakte geknüpft, Freunde- und Austauschpartner gefunden. Von der Aktion Chinderlache wurde der Familie eine Therapie finanziert, die die Krankenkasse nicht übernimmt. „Es gibt zum Glück auch viele tolle Unterstützer.“ Jammern möchte sie trotz all des Stresses nicht. Zwar ist Ausgehen, Sport, Spontanes in ihrem Leben nicht mehr möglich. „Doch wenn Lea lacht, ist das wunderbar. Die Maßstäbe verschieben sich. Wir freuen uns über Kleinigkeiten.“ Wie wichtig sind doch Gesundheit und Zufriedenheit, weiß Antje Stiefvater-Brugger. Sie hofft, dass ihr die Kraft nie ausgehen möge. Und egal, vor welch neue Herausforderungen sie der Alltag mit ihrer Tochter auch stellt: „Mein Motto ist: Es gibt für alles eine Lösung.“
Quelle: https://www.verlagshaus-jaumann.de/inha ... 7e904.html
Hier findet man den Online-Shop
Mehr Infos unter www.lealein.com