Die anderen Kinder - mit Kinderlähmung (Polio)
Verfasst: 14. Mai 2012, 22:43
Hallo liebe Mütter und Väter der anderen Kinder
Zuerst allerdings muss ich feststellen, dass in diesem Forum vor allem Mütter die Stimme für ihre anderen Kinder erheben und kaum erfassbar auch Väter. Oder habe ich mich da noch nicht durch alle Themen und Beiträge gelesen?
Eigentlich noch vorher frage ich mich, warum Das andere Kind. Das andere Kind, weil es noch andere Kinder gibt? Das andere Kind, weil es anders sein will? Das andere Kind, weil es anders sein soll? Das andere Kind, weil es anders sein muss? Das andere Kind, weil es so anders ist? Anders als andere Kinder? - Sind denn nicht alle Kinder irgendwie anders als andere Kinder? Und sind sich darum nicht alle Kinder gar gleich - darin etwa, dass sie alle anders sind als andere?
Ich bin Vater eines anderen Kindes - eines Kindes, das darum nicht anders ist als andere Kinder. Ich bin aber auch ein anderes Kind von Eltern mit sechs anderen Kindern. Vielleicht, ja bestimmt deshalb bin ich diesem Forum beigetreten und habe mich durch einige Beiträge gelesen - mit Bewunderung und Betroffenheit ebenso wie mit der Frage eben, was ist denn nun so anders an den Kindern, von denen die vielen Mütter und die fast beschämend wenigen Väter hier schreiben - anders als an wem? Anders als an mir?
All die Jahre und Wochen, die ich im Kispi – Kinderspital Affoltern am Albis, hier auch ein Thema - aufwuchs, erlebte ich mich als Kind wie alle anderen dort auch. Nicht einmal wären mir dort Zweifel gekommen, dass ich anders sein könnte als die anderen; auch nicht, dass die anderen anders sein könnten als ich. Jedenfalls nicht so anders, wie ich mir vorkam im Spiel mit den Nachbarskindern zu Hause, in der Regelschule, in der Berufslehre und auch immer wieder später noch - und bis heute als Erwachsener im Berufs- und sonstigen Leben überhaupt.
Im Kispi Affoltern, da war mir jenes Kind mit seinen zu kurz geratenen Armen meine Beine und ich ihm mit meinen gelähmten Beinen seine Arme. Jenes Kind, das scheinbar ohne verständliche Sprache war, brachte mit seinen ebenso scheinbar unkontrollierten Regungen und Lauten die Gefühle zum Ausdruck, die jenes Kind scheinbar nur mit emotionslosen Worten ausdrücken konnte, das scheinbar regungslos dalag. Und jenes scheinbar regungslos daliegende Kind redete mit seinen darum scheinbar gefühlslosen Worten jenem Kind, das scheinbar ohne verständliche Sprache war, Emotionen in dessen scheinbar unkontrollierten Regungen und Laute. Wir waren uns Arme und Beine, wir waren uns Gefühle und Sprache. Wir waren uns Brüder und Schwestern - irgendwie (nicht) anders wie eigene Geschwister.
Das alles jedoch begleitet vom eigenen Schicksal, gleich ob Krankheit oder Unfall, berührt durch Schmerzen am Herzen oft mehr wie am Körper, gleich ob durch Heimweh nach unserer Familie zu Hause oder nach jener im Kispi. Ein KinderLeben, dass darum nicht anders war, als das anderer Kinder, weil es so gewohnt anders war. Dass uns darum nicht zu anderen Kindern machte, als andere Kinder es waren, weil es uns so gewohnt zu andern Kindern machte.
Wer nun waren oder sind denn nun wirklich die anderen Kinder? Die anderen Kinder im Kispi oder die anderen Kinder zu Hause? In jedem Fall sind sie immer die anderen - und darum eben nicht anders als die anderen.
Herzlichst
Werner Ruch
1956 geboren
1958 Kinderlähmung
1958-1961 Kispi Vollzeit
1962-1976 Kispi Teilzeit
Zuerst allerdings muss ich feststellen, dass in diesem Forum vor allem Mütter die Stimme für ihre anderen Kinder erheben und kaum erfassbar auch Väter. Oder habe ich mich da noch nicht durch alle Themen und Beiträge gelesen?
Eigentlich noch vorher frage ich mich, warum Das andere Kind. Das andere Kind, weil es noch andere Kinder gibt? Das andere Kind, weil es anders sein will? Das andere Kind, weil es anders sein soll? Das andere Kind, weil es anders sein muss? Das andere Kind, weil es so anders ist? Anders als andere Kinder? - Sind denn nicht alle Kinder irgendwie anders als andere Kinder? Und sind sich darum nicht alle Kinder gar gleich - darin etwa, dass sie alle anders sind als andere?
Ich bin Vater eines anderen Kindes - eines Kindes, das darum nicht anders ist als andere Kinder. Ich bin aber auch ein anderes Kind von Eltern mit sechs anderen Kindern. Vielleicht, ja bestimmt deshalb bin ich diesem Forum beigetreten und habe mich durch einige Beiträge gelesen - mit Bewunderung und Betroffenheit ebenso wie mit der Frage eben, was ist denn nun so anders an den Kindern, von denen die vielen Mütter und die fast beschämend wenigen Väter hier schreiben - anders als an wem? Anders als an mir?
All die Jahre und Wochen, die ich im Kispi – Kinderspital Affoltern am Albis, hier auch ein Thema - aufwuchs, erlebte ich mich als Kind wie alle anderen dort auch. Nicht einmal wären mir dort Zweifel gekommen, dass ich anders sein könnte als die anderen; auch nicht, dass die anderen anders sein könnten als ich. Jedenfalls nicht so anders, wie ich mir vorkam im Spiel mit den Nachbarskindern zu Hause, in der Regelschule, in der Berufslehre und auch immer wieder später noch - und bis heute als Erwachsener im Berufs- und sonstigen Leben überhaupt.
Im Kispi Affoltern, da war mir jenes Kind mit seinen zu kurz geratenen Armen meine Beine und ich ihm mit meinen gelähmten Beinen seine Arme. Jenes Kind, das scheinbar ohne verständliche Sprache war, brachte mit seinen ebenso scheinbar unkontrollierten Regungen und Lauten die Gefühle zum Ausdruck, die jenes Kind scheinbar nur mit emotionslosen Worten ausdrücken konnte, das scheinbar regungslos dalag. Und jenes scheinbar regungslos daliegende Kind redete mit seinen darum scheinbar gefühlslosen Worten jenem Kind, das scheinbar ohne verständliche Sprache war, Emotionen in dessen scheinbar unkontrollierten Regungen und Laute. Wir waren uns Arme und Beine, wir waren uns Gefühle und Sprache. Wir waren uns Brüder und Schwestern - irgendwie (nicht) anders wie eigene Geschwister.
Das alles jedoch begleitet vom eigenen Schicksal, gleich ob Krankheit oder Unfall, berührt durch Schmerzen am Herzen oft mehr wie am Körper, gleich ob durch Heimweh nach unserer Familie zu Hause oder nach jener im Kispi. Ein KinderLeben, dass darum nicht anders war, als das anderer Kinder, weil es so gewohnt anders war. Dass uns darum nicht zu anderen Kindern machte, als andere Kinder es waren, weil es uns so gewohnt zu andern Kindern machte.
Wer nun waren oder sind denn nun wirklich die anderen Kinder? Die anderen Kinder im Kispi oder die anderen Kinder zu Hause? In jedem Fall sind sie immer die anderen - und darum eben nicht anders als die anderen.
Herzlichst
Werner Ruch
1956 geboren
1958 Kinderlähmung
1958-1961 Kispi Vollzeit
1962-1976 Kispi Teilzeit