Sprachstörung - verbale Entwicklungsdyspraxie (VED)

Hier kann man sich austauschen wenn das Kind eine Sprachserwerbsstörung hat.
Inok

Sprachstörung - verbale Entwicklungsdyspraxie (VED)

Beitrag von Inok » 23. Oktober 2007, 22:16

Hallo zusammen,

Unser Sohn ist 6.5 Jahre alt und hat Sprachschwierigkeiten. Die medizinische Diagnose lautet "verbale Entwicklungsdyspraxie". Die Symptome äussern sich so, dass er alles versteht aber nur ein paar Worte sprechen kann: Mama, Papa, Auto, Nein, ebenso die Vokale a,e,i,o,u. Dann wird schon schwierig für ihn. Alle Zischlaute sch, tz, etc. stellen ein grosses Problem für ihn dar. Es gibt noch ein paar weitere Worte die er undeutlich oder abgeändert sprechen kann z.B. spielen "Blihii". Die wenigen, die er spricht, sind praktisch immer nur zweisilbige Wörter. Bei dreisilbigen Wörtern hat er Mühe. Bei dreisilbigen Wörtern oder bei einem Satz verdreht er die Wortfolgen, teilweise auch die Buchstaben in einem Wort "mit" -> "tim". Die Diagnose hierfür lautet "Probleme beim Abstraktionsvermögen" und in der Sprachproduktion.
Er will kommunizieren, kann sich aber nicht artikulieren. Ihm fehlen schlichtweg die Worte. Um dies zu kompensieren hat er sich eine Zeichensprache entwickelt (ohne unser dazutun), die ihm eine einfache Kommunikation ermöglicht. Er macht unentwegt Laute, aber unverständlich. Wiederum fällt es ihm leicht, Melodien nachzusummen oder Tierlaute zu imitieren.

Die Ursache für die Störung soll genetischen Ursprungs sein.
Seit er 3 Jahre alt ist -bis dahin wurden wir vertröstet-, musste er diverse Untersuchungen, Hörtests, Entwicklungsuntersuchung (SON-R) und Logopädie (inzwischen 4 Logopäden) über sich ergehen lassen. Das Resultat ist ernüchternd, die Fortschritte sind sehr klein. Er war ein Jahr im Regelkindergarten mit heilpädagogischer Betreuung und ist jetzt in einem Sprachheilkindergarten.

Leider gibt es in unserer Umgebung keine Spezialisten für diese spezielle und seltene Behinderung und wir haben erst letztes Jahr herausgefunden, wie man die Behinderung nennt die unser Sohn hat: "verbale Entwicklungsdyspraxie"

Ein grosses Problem für uns ist: "Wir wissen nicht, wie wir die Behinderung einordnen sollen, wie sich unser Sohn entwickeln wird." Gibt es Kinder die mit diesen Symptomen zu einer normalen Sprache gefunden haben? In welchem Alter? Welches waren die Therapien? Wir schlittern von einer Überraschung in die Nächste. Niemand von den Therapeuten und Ärzten kann eine Aussage treffen und können uns auch keine Angaben über vergleichende Fälle oder Studien geben.
Auch nach unseren Recherchen gibt es nur wenige langzeit Studien und die sind relativ alt. Die meisten brechen ausserdem nach kurzer Zeit ab.

Wir sind dankbar über Erfahrungen Betroffener die ältere Kinder (> 7Jahre) mit denselben Sprachstörungen / Sprachfehlern oder eben einer verbalen Entwicklungsdyspraxie haben, bzw. Jugentliche die zu dieser Gruppe gehören / gehörten. Gibt es Kinder bei denen eine Therapie angesprochen hat und die jetzt "normal" Sprechen können? Wenn ja welche Therpien wurden angewandt, wenn nein, wie hat sich die Behinderung entwickelt ?
Ich weiss, das sind viele Fragen aber wir sind dankbar für jegliche Hinweise.
Danke!

Koni
Anmerkung von Bea für alle, die mit inok Kontakt aufnehmen möchten- leider ist die im Forum angegebene Mailadresse nicht mehr gültig, PN's können darum nicht weitergeleitet werden - /überprüft am 02.01.2021
Amanda

Beitrag von Amanda » 28. März 2008, 13:21

Hallo Koni,

schade, dass Du keine Antworten auf Deine Fragen bekommen hast. Sie hätten mich auch interessiert. Ich kann Dir nicht genau darauf antworten: Meine Probleme sind ähnlich, aber nicht gleich:

Meine Tochter Franca (5) hat eine schwere Sprachentwicklungsstörung und einen allgemeinen Entwicklungsrückstand von einem Jahr. Wir haben auch einen Hörtest sowie eine Entwicklungsabklärung (Son-R) gemacht. Seit Franca 3 ist, gehen wir in Logopädie (3 verschiedene) und sie hatte heilpädagogische Früherziehung. Seit letztem Sommer geht sie in den Sprachheilkindergarten, wir sind aber damit nicht zufrieden, weil der sehr bubenlastig ist und der Taxidienst eine Katastrophe. Die Integration in den Regelkiga sind wir am organisieren, es sieht aber leider nicht allzu gut aus, weil die Kindergärten, die in Frage kommen schon voll sind oder bereits mit anderen "aufwändigen" Kindern besetzt.

Franca hat mit ca. 4 Jahren zu sprechen begonnen. Vorher konnte sie nur einige Wörter. Inzwischen spricht sie in kurzen Sätzen einigermassen verständlich, spricht aber noch viele Laute unsauber z.B. e für ö, d für g und lispelt. Ihr Wortschatz ist noch limitiert, viele grammatikalische Regeln und Ausnahmen kann sie noch nicht richtig. Sie kann inzwischen eigene Erlebnisse erzählen, ein Buch oder eine Geschichte nacherzählen jedoch nicht, auch ganze Lieder singen, kann sie nicht.
Ich habe den Eindruck, dass sich Franca zwar stetig weiterentwickelt, aber in ihrem langsamen Entwicklungstempo, so dass sich der Unterschied zu normalentwickelten Kindern weiter vergrössert. Bin auch etwas ernüchtert, dass die Therapien da recht wenig bringen und viele Therapeutinnen die Kinder auch nicht da abholen können, wo sie gerade stehen, sondern Dinge mit ihnen üben wollen, die die Kinder noch nicht können aufgrund ihres Entwicklungsstandes oder die sie nicht interessieren - ist aber vielleicht auch nur so meine persönliche Erfahrung :roll:

Wie ist denn bei Deinem Sohn die übrige Entwicklung? Altersgemäss? Und ist er selber frustriert, dass er sich so schlecht mitteilen kann?
Es gibt übrigens eine vereinfachte Gebärdensprache für die Kommunikation mit Menschen, die sich mit Lautsprache schlecht äussern können: http://www.wenn-mir-die-worte-fehlen.ch/ , hat uns die Heilpädagogin mal empfohlen.

Anmerkung von Bea (Moderatorin) am 25.01.2021: ich habe Amanda vor einiger Zeit in anderer Sache kontaktiert. Sie hat mir sehr Ermutigendes geschrieben: Zitat: Meine Tochter, geboren 2002, nach Entwicklungsverzögerung sehr gut entwickelt, Dyskalkulietherapie, sonst normales Kind, gilt nicht mehr als behindert
Inok

Beitrag von Inok » 13. April 2008, 17:19

Hallo Amanda

Ja der Feedback ist wirklich ernüchternd deshalb habe ich Deine Antwort auch erst jetzt bemerkt. Ich habe auch auf einer deutschen Seite gefragt, aber auch dort sind keine hilfreichen Antworten eingetroffen. Ich kann mir natürlilch gut vorstellen, sobald die Kinder ein gewisses Alter erreicht haben -und unabhängig wie sich sich entwickelt haben- das Interesse der Eltern an diesem Thema versiegt. Entweder sie haben Zugang zur Sprache gefunden, dann ist es ok, oder sind sie sind eben sprachbehindert. In beiden Fällen fehlt jedoch das Interesse sich noch weiter über das Thema auzutauschen.

Aber zu Deiner Frage; Er hat eine Entwicklungsverzögerung von ca. 2 Jahren. Im Herbst wollen wir einen neuen SON-R Test machen um zu sehen wie er sich weiterentwickelt hat. Ja er hat das Störungsbewusssein, dass er sich nicht mitteilen kann und wenn wir ihn nicht verstehen folgt Frustration. Wir arbeiten schon mit der Gebärdensprache von Anita Protmann und das nimmt er gut an.

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Flavia
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Sprache

Beitrag von Flavia » 13. April 2008, 20:20

Hallo

Vielleicht kennen viel Eltern mit einem Kind das eine Sprachentwicklungs-(verzögerung?) hat dieses forum noch nicht?
Ich werde einmal die Logopädiestellen anschreiben.

Unser Siro ist mehrfachbehindert. Insofern wissen wir bei ihm nicht ob seine Sprachentwicklung zu seiner "Besonderheit" gehört oder ob sie durch die geistige Behinderung verzögert wird.
Er ist nun 8 1/2 Jahre alt. In allen Bereichen waren seine Prognosen sehr schlecht. Mit sechs Jahren hat er das erste Wort gesprochen, inzwischen hat er sehr viel gelernt. Er benennt viele Personen, "singt" Lieder und versucht uns seine Wünsche mit zu teilen. (Unterstützt mit Gebärden)
Seine Sprache tönt wie bei einem Kleinkind. spiele= bie, sändele=ändee,
ritiseile= iti eie e.t.c.


Ich hoffe es finden sich bald mehr Gleichgesinnte!

P.S: Gerne versende ich euch auch Flyer von unserem Forum die ihr an euren Therapiestellen auflegen könntet ?!

Ganz liebi Grüess flavia
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Beitrag von Flavia » 14. April 2008, 11:05

Hallo

Habe heute mit der Vereinigung der Logopäden gesprochen. In der nächsten Ausgabe sollte unser Forum den TherapeutInnen vorgestellt werden.
Aus diesem Grund habe ich ein neuer Themenbalken gemacht. Somit kann man sich da über Spracherwerbsstörung austauschen.

Liebi Grüess Flavia
Amanda

Beitrag von Amanda » 18. April 2008, 10:54

@flavia
Finde ich eine tolle Idee, dass Du ein neues Thema dazu eröffnet hast, vielen Dank!

@koni
Hoffe, dass ihr mit der Gebärdensprache einen besseren Zugang zu eurem Sohn findet.

Wir haben übrigens doch noch Erfolg gehabt mit dem Kindsgi-Wechsel und Franca kann im neuen Schuljahr dann in den Regelkiga. Hoffe jetzt einfach, dass das dann einigermassen läuft.

Anmerkung von Bea (Moderatorin) am 25.01.2021: ich habe Amanda vor einiger Zeit in anderer Sache kontaktiert. Sie hat mir sehr Ermutigendes geschrieben: Zitat: Meine Tochter, geboren 2002, nach Entwicklungsverzögerung sehr gut entwickelt, Dyskalkulietherapie, sonst normales Kind, gilt nicht mehr als behindert
Andrea mit Roman
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Sprechdyspraxie

Beitrag von Andrea mit Roman » 3. Juni 2008, 14:48

hoi Koni
unser Roman , 8 Jahre alt, hat auch eine schwere Sprechdyspraxie.
Wenn er für sich spielt und plaudert, kann er fas alle Laute bilde, es hört sich an wie Babysprache, Doppelsilben.
Für ihn ist es ein enormes Problem, gezielt Laute zu bilden. Bei jedem neuen Wort muss er es neu lernen.
Bis er 6 Jahre alt war, hat er nur 8 Worte und einige Tierlaute gesprochen.
Ich habe ihm schon im Alter von 2 Jahren Gebärden beigebracht.
Jetzt verständigt er sich mit einer Mischung von Gebärden und "Worten", die aber meist nur aus Silben bestehen, aber immer gleiche Silbe für selbes Wort.
So heisst uach Rauch, Quark und Kuchen, ch heisst kalt, Käse,
zu heisst Zug oder zu usw.
Bei Roman kommt erschwerend hinzu, dass er das Down Syndrom hat und eine verzögerte Entwicklung, er wird so um die 4 Jahre Entwicklungsalter sein, ähnlich wie dein Sohn.
Habe die Logopädin grad heute nach Prognose gefragt.
Sie sagte, viele Kinder mit Dyspraxie lernen normal zu sprechen, bei Roman wird es gut möglich sein, dass er immer undeutlich spricht, da er aufgrund seiner Hypotonie ( Muskelschalffheit) auch Schwierigkeiten hat deshalb die Laute gezielt zu bilden.
Roman hat auch eine elektronische Kommunikationshilfe, einen MinTAlker der FST in Neuenburg. Das ist ein Minilaptop mit Bildern, die du besprechen kannst. Damit kann er sagen, was er nicht Gebärden und sprechen kann, aber es braucht viel Arbeit! Seit der den Talker hat, hat er auch angefangen mehr zu sprechen, da kann er das Wort beliebig oft abhören!
Ich habe mich lange Zeit gegen eine elektronische Kommunikationshilfe gewehrt, dachte, Roman soll nicht von einem Computer sprechen lernen, sondern von uns. Eine Kollegin sagte mir, einem gelähmten Kind gibtst du auch eine Rollstuhl, der Talker ist wie ein Rollstuhl für das schwer sprechbehinderte Kind! Recht hat sie, muss ich sagen!
Biete deinem Kind alternative Verständigungssysteme an= Unterstützte Kommunikation. Baue aus, wenn er schon Gebärden benutzt, das System von Portmann, das dier schon empfohlen worden ist, brauchen wir auch.
Unterstützt euch eure Logopädin in diese Richtung? Viele glauben, ein Kind lernt so nie sprechen, das ist absolute Irrmeinung!!!!

Unsere Logopädin wenden die Methode Takt Kin an, um Roman bei der Lautbildung zu fühen.
Hoffe, meine Infos helfen dir ein wenig weiter.
Aus welcher Gegend seid ihr?
Herzliche Grüsse
Inok

Beitrag von Inok » 9. Juni 2008, 22:52

Hallo Andrea

Danke für Deine Info!

Inzwischen sind 7 Monate vergangen und unser Sohn hat einen merklichen Entwicklungsschritt gemacht und ich will gleich ein wenig berichten. Wir arbeiten mit A.Portmann wie bereits oben erwähnt, einem Programm names Show Me und Bildkärtchen die ich je nach Situation selbst male. Mit Show Me trainiert man das Gedächtnis und das Abstraktionsvermögen. Ist nicht schlecht und macht Spass. Wir merken, dass die Kommunikationsfreudigkeit zunimmt und er sich auch bei den Übungen mit Show Me stark verbessert hat. Wir können inzwischen auch 20-30 minütige Übungen mit ihm machen -was früher nicht möglich war- und die Basis für Lernen ist.
Was der Auslöser für den Entwicklungsschub ist wissen wir nicht, wir hoffen aber dass es so weitergeht, denn er hat noch einen weiten und schweren Weg vor sich.

Betreffend Computer bin ich immer noch skeptisch. Ich werde einen Computer in Betracht ziehen, wenn unsere Methoden keine Wirkung mehr zeigen. Mir ist es eigentlich egal wie unser Sohn sprechen lernt, von einem Computer oder von uns, hauptsache er lernt es. Aber ich will, dass er sich autonom zu verständigen lernt, sei es mit Gebärden oder Sprache. z.B. Spielplatz, Schwimmunterricht, Sport... Ein Computer ist einfach nicht alltagstauglich.

Ein weiterer Grund gegen den Computer (in userer Situation) ist, dass dieser keine Korrektur machen kann, wenn das Kind nachspricht. Gemäss Aussage unserer Logopädin ist ein Kind nicht in der Lage Fehler in seiner Artikulation zu erkennen. Das musst Du bzw. der Empfänger der Nachricht tun.
Die Bildkarten habe ich inzwischen als wertvolles Werkzeug kennengelernt. Sie sind einfach handzuhaben und schnell und situationsbedingt erstellt.

Mit den Vergleichen ist das natürlich immer so eine Sache: Für meine Position können wir auch einen anderen Vergleich hinzuziehen; "Gib einem Kind ein Tretauto und ein Fahrrad. Es wird nie Fahrrad fahren lernen, denn das Tretauto ist einfacher, es fällt nicht um".

Die ganzen Konzepte müssen selbstverständlich individuell auf das Kind abgestimmt werden, was für das eine passt, passt nicht für das Andere. Somit: Alles was zum Erfolg führt macht Sinn!

Mir hat mal eine Logopädin aus einem Forum TAKTIN empfohlen aber unsere Logopädin kennt das nicht. Sie wendet Teile aus der McGinnes Therapie an.

Viele Grüsse
Koni

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Andrea mit Roman
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Beitrag von Andrea mit Roman » 29. Juni 2008, 22:02

Hoi Koni
tol, dass deinn Sohn einen solchen Entwicklungsschritt gemacht hat!
Je länger man wartet, desto mehr freut man sich.

Deine angewendenten Methoden interessieren mich auch, kannst du mir näheres drüber sagen,was show me ist?
Benutzt ihr Bildkarten zum sprechen, was drauf ist oder damit dein Sohn darauf zeigen kann, was er nicht sprechen kann? malso du sie selber oder hast du ein Computerprogramm dazu?

Roman ist leider noch nicht in der Lage, Wörter oder Teile davon, die er spricht , zu korrigieren, aber er bemüht sich immer mehr, überhaupt sich sprachlich mitzuteilen.
Kommt deinSohn schon in die Schule? Was habt ihr da für perspektiven?
Roman kommt jetzt in die erste Klasse, bin mal gespannt, wie das geht....
Freue mich, mal wieder von euch zu hören, wir sind demnächst in den Ferien, also werde ich dann nicht antworten.

Herzliche Grüsse
lisa.elisa
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Registriert: 28. Oktober 2010, 20:04

Beitrag von lisa.elisa » 28. Oktober 2010, 20:22

Hallo Koni,
es sind schon drei Jahre vergangen. Wie hat sich den dein Sohn entwickelt?
Bei meiner 4,5 jährigen Tochter wurde jetzt ein Verdacht auf die kindliche Dyspraxie diagnostiziert.
Liebe Grüße,
lisa
Inok

Beitrag von Inok » 28. Januar 2011, 00:00

Hallo Lisa

Ja stimmt, 3 Jahre sind schon vorbei. Ich musste zuerst meinen Beitrag wieder lesen da ich die Foren nicht mehr besuche.

Die erhoffte Information habe ich nicht erhalten und inzwischen kann ich mir die Antworten selber geben. Ja, er ist jetzt 9.5 Jahre alt und in der 2. Klasse einer heilpädagogischen Schule für Körperbehinderung. Er ist gut integriert, geht gerne und macht seine Sache gut. Das Lernpensum ist individuell auf ihn abgestimmt.

Kommunikativ ist die Situation ernüchternd. Mit der Gebärdensprache kommuniziert er nicht. Er geht zwar in den Kurs versteht es und ist dort auch einer der Besten, aber er wendet sie nicht an. Er hat sich für die verbale Kommunikation entschieden.
Er will kommunizieren und er spricht den ganzen Tag, doch für uns Erwachsene schwer- bis unverständlich. Vor allem am Abend nach der Arbeit braucht es viel Energie herauszufinden was er sagen will. Seine Schwester versteht ihn einigermassen und die Kinder in der Schule mehr oder weniger.
Das Thema Sprachcomputer möchte ich noch erwähnen. Als er in die erste Klasse kam wollten ihm die Lehrpersonen als erstes einen Sprachcomputer geben. Ich habe mich dagegen gewehrt, mit der Kompromissbereitschaft 1 Jahr ohne, dann schauen wir weiter. Zu Recht, das Thema wurde von den Lehrern nie mehr angesprochen. Er will breitbandig kommunizieren. D.h. er will über alles Sprechen was gerade aktuell ist, aber ihm fehlen die Begriffe und das kann man über Hilfsmittel einfach nicht lösen, weil die im aktuellen Kontext nicht vorhanden/griffbereit sind.
Er hat von der Lehrerin eine Kamera erhalten, die hat er zu Anfang intensiv eingesetzt um zu kommunizieren. Inzwischen ist das auch wieder abgeflacht. Sein konzept ist: Er spricht über ein Thema, wenn der Gesprächsparter es versteht ist es gut. Wenn er es nicht versteht gibt er auf und lässt es bleiben.

Meine Hoffnung ist, dass er schreiben lernt und er sich schriftlich mitteilen kann. Ansonsten weiss ich auch nicht wie er später kommunizieren wird. Allerdings weiss mann, dass Kinder, die einen kleinen Wortschatz haben sich auch schriftlich sich schlecht auszudrücken können. Wir werden sehen...

Inzwischen versteh ich auch, wieso es keine Information über ältere Kinder und Jugentliche mit dieser Behinderung gibt. Sobald die Kinder eingeschult werden, erhalten sie durch die Schule eine umfassende Betreuung, die ihren Alltag komplett ausfüllt. Sie werden bestens betreut und wir Eltern werden mit Information durch die Lehrpersonen versorgt. Man hat sich mit der Situation und dem Verlauf der Entwicklung abgefunden. Es gibt somit keinen Grund mehr in Foren Informationen zu suchen und auszutauschen, denn zusätzlich können wir nichts mehr tun. Sein und unser Arbeitspensum ist voll und wir können nur hoffen, dass er sich so entwickelt, dass er selbständig durch Leben gehen kann.

Noch eine Anmerkung: Ich habe mir lange überlegt ob ich das folgende Schreiben soll. Es soll nicht entmutigen, es ist eine nüchterne Betrachtung der Vergangenheit. Wenn ich reflektiere, die Therapien, Abklärungen und Untersuchungen die wir gemacht haben versus dem Erfolg, dann ist der Erfolg klein. Ich habe den Eindruck, dass wir die Entwicklung durch die Therapien nicht wirklich beeinflussen konnten. Ich glaube inzwischen, mit weniger Therapie wären wir gleich weit. Ich kann es nicht beweisen, umgekehrt kann es aber auch niemand beweisen.

Grüsse an alle
Koni

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Beitrag von orphan » 28. Januar 2011, 00:28

Hallo Koni

Ich habe gerade interssiert deinen Beitrag gelesen. Tut mir leid, das dein Sohn diese sprachlichen Probleme hat. Du schreibst sehr - wie soll ich sagen - "nüchtern".

Mein Sohn hat Mukopolysaccharidose und kann - unter anderem - auch nicht kommunizieren.

Ich würde gerne etwas zu deinem letzten Abschnitt sagen. Habe auch lange überlegt :D !
Wenn ich dich richtig verstehe, bist du der Meinung, dass man genauso gut keine Therapien machen könnte.
Wir haben mit unserem Sohn auch viele Abklärungen gemacht, bis wir zur Diagnose kamen und auch unsere Informationen von den Fachleuten waren mehr als ernüchternd. Unser Sohn erzielt überhaupt keine Fortschritte in den Therapien. Seine Krankheit ist nämlich rückläufig.

ABER mein Sohn liebt die Aufmerksamkeit in den Therapien. Er geht gerne. Und obwohl wir wissen, dass er nicht wirklich viel lernen wird, nehmen wir den ganzen Aufwand gerne auf uns. Weil es ihm gut tut und er sich dabei wohl fühlt. Er kann etwas machen und steht in der Sonderschule nicht einfach auf dem "Abstellgleis".
Ich denke, es geht bei den ganzen Untersuchen, Abklärungen und Therapien nicht nur darum grossen Erfolg zu erzielen. Es geht doch auch darum, das Beste für das Kind zu finden. Es soll sich wohl fühlen in seiner Umgebung und dazu gehört doch auch, möglichst viel über die Diagnose zu erfahren.
Wir haben seit 2008 eine Diagnose. Damals war unser Sohn 4 Jahre. Ich war vorher auf Foren aktiv und bin es immer noch. Er ist jetzt 7 und geht in eine Sonderschule. Obwohl er dort betreut wird und wir inzwischen auch sehr viele gute Fachleute um uns haben, gibt es immer wieder "Neues" kennen zu lernen. Man kann doch trotzdem noch auf anderen Wegen zu Informationen kommen.
Die Krankheit unseres Sohnes ist unheilbar und endet tödlich. Seine Lebenserwartung liegt laut den Ärzten bei 8 bis 12 Jahren. Trotzdem könnte ich mich nie damit abfinden, einfach zu sagen, mein Sohn hat diese Diagnose, die Therapien bringen nichts und er geht jetzt in eine Sonderschule wird gut betreut - und das war's.
Ich bin immer auf der Suche nach Möglichkeiten, die meinem Sohn helfen könnten oder die ihm das Leben einfacher machen bzw. ihm Freude bereiten!
Die Informationen, die ich von der Schule / Fachleuten erhalte, reichen mir meistens nicht - oder ich gebe mich damit nicht zufrieden. Ich bin immer auf der Suche nach mehr ... und habe zum Beispiel in einem Forum eine Familie kennen gelernt, deren Kind mit der gleichen Diagnose wie mein Sohn bereits 18 Jahre alt geworden ist!

Es Grüessli
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Re: Sprachstörung - verbale Entwicklungsdyspraxie

Beitrag von Claudine » 11. April 2012, 20:45

Hallo Koni

....lange ist es her...Wir haben uns hier im Forum vor ein paar Jahren betr. verbale Entwicklungsdyspraxie hier ausgestauscht. Meine Tochter Shannon, inzwischen breits 14 Jahre alt, hat mächtige Fortschritte gemacht. Sie spricht fliessend, hat einen guten Wortschatz und kann sogar ein, zwei Witze erzählen! :-) In den ersten Jahren sind die Fortschritte auch eher mässig gewesen, aber je älter desto zügiger konnten wir Fortschritte erkennen! Sie hat noch mit einigen Silben mühe, aber kann gut kommunizieren. Natürlich merkt man trotzdem als Ausstenstehender, dass unsere Tochter sprachtechnisch noch nicht wie andere spricht, wir aber sind sehr zufrieden. Gerade letzten Monat hatte sie was ausgeheckt und ihre Erklärung zu diesem Vorfall war: "oh, da gab es wahrscheinlich ein Missverständnis"...

...bin froh um deinen letzten Absatz und bin auch deiner Meinung! Auch ich bin anfangs sehr an Therapien und neuen Ansätzen interessiert gewesen, heute zählt aber mehr das unsere Tochter so "normal" wie möglich und ähnlich wie die anderen zwei Schwestern heranwachsen kann. Sie verblüfft uns immer wieder von neuem!

Herzlichst Claudine

Bin sehr interessiert wie es deinem Jungen heute geht.
Buchtip: Forum Logopädie Sprechapraxie im Kindes und Erwachsenenalter, Norina Lauer/Beate Birner-Janusch
Herausgegeben von D. Schrey-Dern
4albschaefchen
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Re: Sprachstörung - verbale Entwicklungsdyspraxie

Beitrag von 4albschaefchen » 19. April 2012, 15:40

Hallo, Ich bin ganz neu hier, seit gestern so zu sagen.

Ich hab die Beiträge hier alle schön durchgelesen und bin doch enttäuscht darüber, dass nicht wirklich so viel geschrieben wird und die Jahre so vorbeigehen.

Unsere Tochter ist jetzt 5 Jahre alt und wir haben letztes Jahr 4 Tage vor Ihrem vierten Geburtstag von der Logopädin die Diagnose für Alinas Defizit (nenn ich es jetzt mal) erhalten. Einer "schwere" Form der verbalen Entwicklungsdyspraxie.

Eigentlich hatte ich mir in so einem Forum erhofft, Gleichgesinnte zu finden, mit denen man sich Austtauschen kann, Kontakt knüpfen..... aber so wie es mir die Logopädin gesagt hat, seh ich es hier jetzt auch. Die verbale Entwicklungsdyspraxie gibt es in Deutschland nicht häufig und ist wohl auch nicht so erforscht.

Ich weiss das wir unsere Kinder nicht auf den Kopf stellen können und durch schütteln erhoffen, das jetzt die Worte aus denen rausfallen. Aber denoch hatte ich mir erhofft einfach mal "AKTUELL" erzählen zu können und mich austauschen zu können.
Ich bin schon sehr traurig darüber, das ich jetzt doch wieder mehr oder weniger ALLEINE dastehe. Aussenstehende die mit diesem Krankheitsbild nichts anfangen können, brauch ich nichts gross mehr erzählen. Die verstehen das nicht, nehmen es eher locker in dem sie sagen: Ach das wird schon noch kommen!!! Diesen Satz kann ich z.B. gar nicht mehr hören.
Auch hat Alina nicht einfach irgendeine Sprachentwicklungsverzögerung, sondern eine wie gesagt Dyspraxie. Dazu kommt noch eine Gesamtentwickungsverzögerung (Motorisch......) von ca. 1/2- 1 Jahr und von der Sprache her ist sie auf dem Stand eines eventuell 2 jährigen Kindes.

Ich hab die Hoffnung, dass sich hier vielleicht doch noch die ein oder andre meldet.

Liebe Grüsse Andrea
Petra
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Wohnort: Einsiedeln

Re: Sprachstörung - verbale Entwicklungsdyspraxie

Beitrag von Petra » 20. April 2012, 10:13

Liebe Andrea

Ich verstehe dich so gut!! Mein Sohn Yannick 13 2/3 Jahre alt, spricht fast nichts, Mama, Papa und wenige Worte die ich nur vestehe. Er versteht alles! Motorisch ist er auch wie ein Kleinkind.Wir haben keine Diagnose wie die Behinderung heisst.
Yannick hat bereits schon viele Jahre Logopädie. Er hat ein Smaltalker mit dem er sich ausdrücken kann; resp. wir sind es noch am Lernen.

Es macht mich schon traurig, dass er auf so viele Leute zugeht und mit ihnen sprechen möchte und die meisten verstehen ihn nicht, aber irgendwie hoff ich immer noch auf ein Wunder!!!

Ganz liebe Grüsse

Petra
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