Kind in Heim geben -wer hat diesen Schritt gewagt und kann mir drüber erzählen?

Hier könt ihr euch austauschen wenn eure Kinder hauptsächlich eine geistige Behinderung haben.(z.B. Down Syndrom)
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Avalon
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Kind in Heim geben -wer hat diesen Schritt gewagt und kann mir drüber erzählen?

Beitrag von Avalon » 21. Februar 2010, 11:26

Evt.habt ihr mitverfolgt,dass wir ziemlich am Anschlag waren mit unserer Tochter. Sie hat nun den Schulwechsel hinter sich und es ist wieder viel besser geworden. Sie schläft auch wieder,was mich sehr entlastet. In dieser Zeit ist mir bewusst geworden wie wenig Rerserve ich habe und wie schnell ich doch nach 10 Jahren mit unserer Tochter an den Anschlag gerate. An der neuen Schule besteht die Möglichkeit sie Intern zu geben.Tageweise oder auch für ganz. Ich überlege mir die Chance zu packen uns sie etwa drei Tage (zwei Nächte) zu geben und zwischendurch eine Ferienwoche oder mal ein WE. Damit auch ich auftanken und für die anderen Kinder da sein kann. Sie sind zwar schon grösser und doch merke ich wie sie in Zeiten an denen Sarina nicht da ist,gesprächiger werden und die Ruhe geniessen. Ich habe das Internat angesehen. Ganz heimelige Wohngruppen und ich denke von der Umgebung her,würde sie sich wohl fühlen und doch bringe ich es nicht übers Herz den Schritt zu machen und die Anmeldung auszufüllen. Wer hat den Schritt gewagt und kann mir darüber erzählen?
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orphan
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Beitrag von orphan » 21. Februar 2010, 17:30

Hallo

Mein Sohn hat eine unheilbare Stoffwechselkrankheit. Die Krankheit hat eine rückläufige Entwicklung zur Folge und endet tödlich ... irgendwann! Aufgrund seiner Krankheit schläft er nachts nicht durch. Das heisst, dass wir ihn tagsüber sowie auch in der Nacht "betreuen" müssen!

Er ist jetzt 6 Jahre und darf 2x in der Woche die heilpädagogische Schule besuchen. Ich bin absolut am Anschlag. Weiss oft nicht woher ich die Kraft nehmen soll den Tag durch zu stehen!

Wir haben uns im Januar entschlossen, uns für eine andere Schule mit Teilinternat zu "bewerben". Noch ist ausstehend, ob wirklich alles mit dem Schulwechsel klappt. Wir hoffen, haben aber noch keine verbindliche, definitive Antwort.

Wenn alles klappt, wird unser Sohn 5x in der Woche die Tagesschule besuchen und 2x übernachten können. Die Schule bietet auch an einigen Wochenenden im Jahr Entlastung an.

So gesehen kann ich dir noch nicht über unsere Erfahrungen berichten. Aber wir sind überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Die Betreuung unseres Sohnes wird nicht einfacher werden sondern noch zeitintensiver. Da ich nach 6 Jahren schon am Anschlag bin ... wie würde meine Zukunft aussehen?!?
Natürlich fällt es uns unheimlich schwer, diesen Schritt zu machen. Ich habe mit unseren betreuenden Ärzten sowie mit der Kinderpsychologin gesprochen. Die sagen alle, dass wenn wir hinter der Entscheidung stehen auch unser Sohn dies "verkraften" wird. Nur wenn die Eltern zweifeln, spürt das das Kind und zweifelt auch ... bzw. kann sich mit der Situation nicht abfinden.
Ich liebe meinen Sohn und hätte ihn am liebsten immer bei mir. Aber das geht nicht und irgendwie freue ich mich auch auf die Zeit, in der er weg sein wird ... und ich denke, auch sein Bruder und seine Schwester werden das geniessen!

Manchmal braucht es einfach ein bisschen Mut. Was kannst du verlieren? Bei uns ist es so, dass wenn es überhaupt nicht klappt mit Übernachten, unser Sohn einfach an die Tagesschule geht (nicht mehr Teilinternat) und zu einem späteren Zeitpunkt wieder ein Versuch mit Teilinternat und Übernachten gestartet werden kann! Das wäre an deiner Schule / Heim sicher auch möglich?!?

Es lässt dich grüssen
orphan
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CéliNico
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Beitrag von CéliNico » 21. Februar 2010, 17:47

Hallo,

es ist normal wenn wir an unsere Grenzen stossen.
Ich finde es nicht schlimm wenn du deine Tochter für 2 Nächte ins Heim abgeben möchtest. Klar wird es zu Anfang eine Umstellung sein aber du wirst dich schnell daran gewöhnen.
Ich selber bin alleinerziehende Mutter von zwei mehrfach-schwerst behinderten Kinder. Mein Sohn lebt 100% im Heim und meine Tochter für 3Tage und Nächte. Es geht mir so sehr gut. Ab Sommer werde ich noch einen Sohn gebären und dann sieht alles wieder neu aus. Aber ich bin gespannt auf meine neue Aufgabe.

Hab' den Mut und schaff' dir ein wenig Freiraum. Es wird dir sicher gut tun. Ein bisschen mehr Zeit für dich und deine anderen Kinder zu haben, werden sie dir danken.
Und wenn es für dich dann doch nicht stimmen sollte, kannst du schnell wieder deine Tochter 100% nach Hause nehmen.

Alles Liebe
Daniela
Kathrin

Teilinternat

Beitrag von Kathrin » 21. Februar 2010, 22:31

Hallo!
Ich habe nun auch schon ein paar Jahre Erfahrung mit dem Teilinternat. Mein Sohn übernachtet regelmässig zwei Nächte im Heim seiner Schule.
Vor allem die Regelmässigkeit finde ich erholsam. Ich weiss welche Tage freier sind und plane auch entsprechend. Mein Sohn ist nun 13 Jahre alt, ist geistig auf dem Stand eines 1 1/2 jährigen, aber kommt mit dem Wechsel Heim /Zuhause gut klar.
Normalerweise haben die Kinder irgendwann ihre eigenen Kontakte und Zeiten, wo keine fürsorgliche Mutter dabei ist. Bei einer guten Betreuung ist dies auch für besondere Kinder möglich. Ich meine , dass es für unseren Sohn eine Bereicherung ist.
Schwer tue ich mich noch mit dem Gedanken, dass nach der Schule ein Betreuungsplatz Alltag wird, wo unser Jüngster womöglich nur noch alle 14 Tage auf Besuch nach Hause kommt. Das kann ich mir noch gar nicht vorstellen!

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Avalon
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Danke

Beitrag von Avalon » 22. Februar 2010, 11:46

Danke für eure Antworten. Sie machen mir Mut und ich werde wohl schweren Herzens die Anmeldung heute ausfüllen. Irgendwie komme ich mir vor wie eine Rabenmutter und doch sehe ich auch vorallem meine anderen Kinder. Auch wenn sie älter sind brauchen sie mich und auch mal Ruhe um erzählen zu können. Im Moment beginnt die Lehrstellensuche meines mittleren Sohnes und er braucht auch sicher in der Lehrzeit ein Mami das nicht auf dem Zahnfleich läuft. :(
Unsere Tochter ist nicht sooo stark behindert und manchmal denke ich das macht es in dieser Hinsicht noch schwieriger. Ich habe oft das Gefühl ich müsste das doch weiter schaffen können,wenn es andere mit Schwerbehinderten schaffen...
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orphan
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Beitrag von orphan » 22. Februar 2010, 14:20

Hallo Avalon

Wünsche dir viel Kraft und Mut für das Ausfüllen des Formulars ... und hoffe für dich, dass du es auch machst!

Ich glaube nicht, dass es eine Rolle spielt, wie "stark" behindert ein Kind ist. Wichtig ist, dass es für die ganze Familie stimmt - auch für dich. Auch du musst für dich Zeit haben ...

Ich frage mich auch oft, ob ich das meinem Sohn jetzt schon antun soll, ihn in ein Teilinternat zu geben. Er ist jetzt 6 Jahre. Jetzt, wo er noch laufen kann und noch einigermassen mitbekommt, was um ihn herum geschieht ... aber dann muss ich mir immer wieder sagen, vielleicht ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt. Weil jetzt hat er noch die Möglichkeit, seine neue Umgebung wahrzunehmen, sich einzuleben und alles kennen zu lernen. Wenn er dann mal "pflegebedürftig" ist und nicht mehr laufen, hören etc. kann, fällt es ihm vielleicht schwerer ...

Zudem ist es "nur" für zwei Nächte. Was sind schon zwei Nächte? An allen anderen Tagen kommt er nachmittags nach Hause und verbringt die Zeit mit uns und auch die Wochenenden ist er hier ...

An diesen zwei Tagen, die er weg ist, kann ich Luft holen und Kraft tanken und bin so die restlichen Tage mit Sicherheit die "bessere" Mutter als wenn ich immer am Limit laufe ...

Bei euch wär's sicher ähnlich. Auch du könntest an diesen zwei Tagen Luft holen und Kraft tanken, so dass du an den restlichen Tagen mehr auf alle deine Kinder eingehen kannst!

Es ist nicht falsch, an sich und die Familie zu denken. Auch wenn das bedeutet, dass ein "behindertes" Kind ab und zu auswärts ein zu Hause hat!

Heute hat unsere Tagesmutter angerufen. Sie hatte mir im November mitgeteilt, dass sie nach der Knie-OP meinen Sohn nicht mehr nehmen möchte. Er sei nicht mehr tragbar. Ich war absolut am Boden nach dieser Nachricht, weil ich ja gerade auch noch schwanger bin! Meine Bemühungen mich andersweitig zu entlasten, trugen keine Früchte ...!!!
... wie gesagt, heute rief sie an und meinte, dass sie sich gut erholt habe und mir anbiete, meine Jungs wieder zu nehmen ... ich war so erfreut, dass ich sie spontan gleich heute "abgeliefert" habe. Zuerst hatte ich mega ein schlechtes Gewissen und nun geniesse ich die leere Wohnung und die freie Zeit und erledige 1000-Sachen, die in der letzten Zeit - ohne Entlastung - einfach liegen geblieben sind!

Wünsche dir alles Gute und viel, viel Kraft für die kommende Zeit. Nicht nur für deine besondere Tochter und deine Familie sondern speziell auch dafür, dass du den Mut findest, dich zu entlasten! Da ich gerade in einer ähnlichen Situation bin, weiss ich, dass es für uns Mütter ein sehr schwieriger Schritt ist!
Kathrin

Beitrag von Kathrin » 22. Februar 2010, 23:01

Hallo Avalon!
Ja, dieses Thema ist wirklich sehr individuell!
Schliesslich sind es unsere Sorgenkinder, um die wir besonders leiden, die uns aber auch besonders fordern.
Ich habe auch noch drei grössere Teenies, teils in der Lehre, teils noch in den letzten Schuljahren. Sie lieben ihren "Chnuschti-Brüeder", keine Frage, aber er lenkt uns ab beim Gespräch, oder hält uns auf Trab mit einem Epi-Anfall.
Da tut es gut einmal ungestört plaudern zu können.
Vielleicht wäre ja auch eine Probezeit möglich?
Schlussendlich kann man ja immer erst nach einem Versuch sagen ob die Wirkung den Vorstellungen entspricht.
Viel Mut und Kraft für diesen Schritt!

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uff abgeschickt

Beitrag von Avalon » 23. Februar 2010, 09:46

Ich habe die Anmeldung gestern ausgefüllt und sofort abgeschickt. Es fällt mir nach wie vor schwer und ich bin froh,dass es erst ab Sommer ist. Irgendwie spüre ich aber in schwierigen Momenten dass es mir auch etwas wie eine Insel in der Ferne ist und ich spüre dass es für uns als Familie einfach wichtig ist. Loslassen ist elend schwer :cry: Irgendwie versuche ich es auch als Chance zu sehen,dass sie sich loslösen lernt um später in einer solchen Wohngruppe leben zu können. Wir haben Nachbarn mit einem behinderten Sohn. Die Mutter hat ihn betreut bis er über 35 war und sie selber über 80. Plötzlich hatte sie die Kraft nicht mehr und der Sohn musste dann in ein Heim. Er hat das nicht verkraftet und ich denke es wäre alles einfacher gewesen,wenn man früher gehandelt hätte und die Schritte langsam gemacht worden wären.
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Beitrag von CéliNico » 23. Februar 2010, 17:13

Hallo du,

gut hast du den Schritt gewagt. Du wirst es wahrscheinlich nicht bereuen. Es ist auch gut für deine Tochter. Wie du selber schon erwähntest von deiner Nachbarin die ihren Sohn 35Jahre pflegte. Das ist ja wahnsinn. Hut ab! Aber man sieht dafür jetzt die Folgen.

Zu Beginn war es für mich auch sehr schwer Céline für 3Nächte abzugeben da ich sie enorm liebe und wir seelisch verbunden sind. Aber wir haben uns daran gewöhnt und unterdessen liebt sie's dass sie auch woanders sein kann.
Es bringt wirklich nichts wenn du nur noch an deine Grenzen stösst.

Die Früherzieherin von Céline und Nicola hatte mir selber mal gesagt, wir müssen lernen das Kind auch abzugeben. Das Kind muss auch lernen in einer Institution zu leben. Früher oder später geht's nicht anders.

Und ich musste leider Nicola schon mit Jàhrig 100% abgeben da ich alleine die Pflege von beiden nie geschafft hätte. Ich würde zu Grunde gehen, da ich bis jetzt kein gesundes Kind erleben durfte.

Alles Liebe für euch!
Daniela
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Ich mal wieder

Beitrag von Avalon » 7. September 2010, 16:24

Lange war ich nicht mehr hier und viel ist passiert das ich erzählen möchte. Wir hatten noch einmal eine richtig schwierige Zeit und unsere Tochter wurde dann ganz schnell in die Wohngruppe aufgenommen. Es war ein Platz frei und wir sahen das als Fügung.Es war schwer,für sie und für mich. Sie kam sich abgeschoben vor und ich konnte die ersten paar Mal nichts mit meiner Zeit anfangen. Habe wirklich getrauert und fühlte mich auch als Versager. Inzwischen ist Sarina gewohnt und auch wenn sie lieber beim Mami ist, hat sie es auch schön dort. Sie kennt nun den Rythmus und uns beiden tut der Abstand gut. Sie hat auch gelernt dass ihr Verhalten Konsequenzen hat und sie hat einen grossen Entwicklungsschritt gemacht. Ich habe mich in den Monaten etwas erholt und sogar eine neue Teilzeitarbeit 2 Minuten von hier gefunden. Zurück in die Pflege als STV in einem kleinen privaten Altersheim. Und das Tollste ich darf Sarina jederzeit mitnehmen. Es gehört ein Bauernhof dazu und sie ist dort glücklich und klebt nicht nur an mir.Das das Neuste von uns.
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Beitrag von orphan » 7. September 2010, 22:02

Hallo Avalon

Ich freue mich für euch, dass ihr den Schritt gewagt habt und dass es so positive Auswirkungen hat. Das zeigt doch, dass die Entscheidung gut war. Auch wenn's nicht immer einfach fällt.

Auch bei uns läuft es überrasschender Weise sehr gut mit dem Teilinternat. Unser Sohn fühlt sich wohl ... aber auch ich hatte die ersten Male Mühe die freie Zeit zu geniessen. Aber auch das will gelernt sein!
Nun bin ich seit mehreren Wochen krank. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass nun einiges von mir abgefallen ist ... mein Körper hat Mühe sich auf "Entspannung" um zu stellen. Erst hatte ich Halsschmerzen, dann Bronchitis, danach eine Magen-/Darmgrippe ...

Freut mich, dass du sogar schon eine Arbeit gefunden hast. Das bringt Abwechslung und lässt dich auf andere Gedanken kommen.

Wünsche euch weiterhin alles Gute.

Es lässt grüssen
orphan
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Avalon und Orphan

Beitrag von Flavia » 8. September 2010, 11:32

Es freut mich dass es euren Kids in der neuen Betreungsform gut geht.

Sicher ist es schwierig anfangs loslassen zu können und die"neue" Zeit sinnvoll einzusetzen.

Orphan: Dass du häufig krank bist ist für mich ein bisschen nachvollziehbar. Wenn man lange immer auf Hochdruck arbeitet schafft sich der Körper Auszeiten.
Meist sind es dann Wochenenden (vermutlich eher bei denen ohne Kinder?), Ferien e.t.c. die einen ins Bett zwingen.
Ich denke langsam lässt der Druck in deinem Körper nach und du bist nun gezwungen zu dir selber zu schauen.
Tönt so einfach, das umsetzen ist meistens in einem anderen Buch geschrieben ; ))!!!

Ich wünsche euch alles Gute LG flavia
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