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Gabi
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Beitrag von Gabi » 12. November 2010, 06:51

Bea deine Ausführungen sind wieder mal eindrücklich, also so müssen sich unsere Kinder fühlen! Meine sagen oft das sie Versager sind weil sie etwas nicht gut können. Ich werde in Zukunft noch mehr schauen das solche Sachen nicht vor den Kindern passiert.

Danke Bea
sonneschiin

Beitrag von sonneschiin » 12. November 2010, 08:58

Hallo Bea

Ganz ganz lieben Dank für Deine Worte.
sie haben mir etwas gezeigt (was für mich zwar normal ist): zum Kind stehen und es bestärken.
die Leute aussenvor lassen und dicken Schutzwall als Mama zulegen.
ich glaub anders geht es nicht.
danke dir nochmals viel vielmals und ich finde es super wie Du mir das geschildert hast

Gabi:
Genau so denk ich geht es meinem Sohn auch manchmal.

(Anmerkung von Bea (Moderation): Leider ist die Mailadresse von sonneschiin nicht mehr gültig, sodass man sie via Forum nicht mehr erreichen kann. Darum wurde ihr Account inaktiv gemacht. Ihre Beiträge bleiben aber stehen, denn sie haben durchaus einen Wert für weitere Forumsbesucher /geprüft am 26.01.2021
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Beatrice
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Beitrag von Beatrice » 12. November 2010, 23:57

Hoi zäme

Oh, ja - als Versagerin habe ich mich auch oft gefühlt. Dass dies ganz besonders gravierend ist, erfuhr ich recht spät. Denn was man glaubt, zu sein, das wird man irgendwann.
Tragisch ist auch, (und dies bei jung und alt), dass sich schlechte Erfahrungen weitaus tiefer ins Bewusstsein einprägen, als es gute tun.

Mit dem Erbsenspiel kann man schon Kinder dafür begeistern, mehr auf die guten Erfahrungen an einem Tag zu achten, bwz. in einer Woche.
Man nimmt dazu 7 Erbsen in die rechte Hosentasche und immer, wenn etwas am Tag passiert, das einen freut, dann zügelt man eine Erbse in die linke Hosentasche. Am Abend schaut man, wieviele Erbsen in der linken Hosentasche sind und erinnert sich an die guten Erfahrungen dahinter.
Gute Erfahrungen können ganz vielfältig sein und sind nicht nur für Geschenke gültig.

Es kann ein einfaches Zulächeln sein, dass Ihr oder Euer Kind von jemand anderem bekommt.
Jemand, der einem was abgibt in der Schule oder im Alltag
aber auch etwas, das einem gut gelungen ist, jemand, der einem sagt, dass er einen mag. Ein Schmetterling, der einem auf der Hand gelandet ist, ein Büsi, das einem um die Beine streicht - alles Momente der Zuneigung in besonderer Form. Oder eine tolle Melodie, die im Radio kam, etwas Schönes, das man sehen konnte -
da blüht das Herz auf.

Am Abend vor dem Schlafengehen holt man die guten Erlebnisse nochmals hervor, erzählt darüber, lässt sie einem nahe kommen.
Daran kann man wachsen, gerade als besonderes Kind, bei dem so vieles schief geht, was man schaffen möchte.

Versagen, das heisst, man kriegt nichts aber auch gar nichts auf die Reihe
Versagen heisst, man macht immer alles falsch oder verkehrt
Versagen heisst, das niemand einem was rechtes zutraut und man selber tragischerweise auch nicht mehr.
Das gibt ganz schlechte Gefühle in einem drin, kann depressiv machen.

Mein Vater hat mir im Garten einen Platz gegeben, wo ich eigene Blumen ziehen konnte - eine tolle Idee (nur gerade jetzt in der Jahreszeit für Euch nicht praktikabel) Aber im Frühling, denkt daran, es kann auch ein Kistchen auf dem Balkon sein.
Selbst verantwortlich sein für eine Pflanze, die einem die Pflege schliesslich mit Blumen verdankt, die an ihr erblühen und die Erfahrung, dass man selber dazu beigetragen hat. Es macht auch nichts, wenn eine zum Anfang regelrecht abserbelt - man sieht daran, dass man der Pflanze richtig schauen muss - sie kann es nicht ohne einen - das weckt den Wunsch, die nächste Pflanze zum Blühen zu bringen - wenn ein Kind Blumen mag.

Es gibt weitere solche Tätigkeiten, die einen selber bestärken. Bei mir war es auch das Schöppele von jüngeren Geschwistern und das Lob vom Mami: Das machst Du ganz gut.

Generell sind auch Hobbies super. Da kann ein Kind ein Fachmann werden, je nachdem. Ich hatte viele Hobbies und habe es immer noch.
Ich konnte mit meinen kurzsichtigen Augen ja nicht weit sehen, habe aber entdeckt, dass ich, wenn ich Dinge ohne Brille nahe ans Auge nehme, diese Dinge vergrössert sehen kann. So begann ich klammheimlich, Kreuzstichkärtchen zu machen aus feinstem Kreuzstich - sie wurden wundernschön - das erste zeigte ich meinen Eltern etwa mit 12 Jahren.
"Das ist sehr schön, hast Du das gekauft vom Sackgeld?" fragten sie. "Nein, das habe ich selber gemacht" --- Sie glaubten mir nicht, sie glaubten nicht, dass ich das vom Geschick und den Augen her überhaupt kann.
Das tat weh, aber ich habe es ihnen dann bewiesen - ein neues begonnen, und es in den Anfängen schon gezeigt - dann habe ich sie teilhaben lassen an seiner Entwicklung, bis es fertig war.

Die Kärtchen, eine Blumenserie, schmückten jahrelang ein Gestell in der Stube. Jeder Besucher wurde aufmerksam und jedem konnte man sagen, das hat unsere Beatrice gemacht. Jeder von denen wusste, dass ich behindert bin und dass ich fast nichts sehe, eine flaschenbodendicke Brille habe. Es schien ihnen immer unglaublich - sie wussten nichts darüber, dass kurzsichtige Kinder sowas können.

Bestimmt wisst Ihr, was Eure besonderen Kinder gerne machen. Manchmal kann man das einbauen in eine Tätigkeit, die irgendwie was bringt, die nicht nur Zeitvertreib ist, sondern ein Resultat hat, an dem man sich freuen kann, das man gebrauchen kann, mit dem man spielen kann, oder das man eben vorzeigen kann.

Einfach das Kind nicht nur stets mit seinen Schwächen nennen. Meine Mutter hat das auch lange gemacht, immer aus falscher Fürsorge heraus. Sie meinte es ja gut, aber es war einfach schlimm für mich.

Nachdem mir beim ersten und zweiten Kochen mit ihr, das aufgeschlagene Ei aus der Hand mitsamt der Schale in die Schüssel fiel, befand sie, dass ich das nicht kann - und dass sie das dann lieber selber macht. Ich verstand das sogar - bis meine beiden jüngeren Geschwister in der Küche mithalfen und das mit den Eiern machen durften, weil sie es konnten.

Rüeblischälen, ich war einfach langsamer
Gurke hacken, auch da zu langsam, gegenüber meinen Geschwistern

Guetzli anstreichen - da habe ich dann dafür gepunktet - meine Schwester war schnell, aber ein Schutzli (Pfusch). Ihre Glasur war überall, wo sie auch nicht sein sollte. Meine Glasur war auf den Guetzli.

Und überall dort, wo Geduld und Präzision wichtig ist, da war ich die bessere.
Dafür hat mich dann meine Mutter ganz allein in die Küche geholt.
Ich fühlte mich wie eine Expertin und ich fühlte mich wichtig oder bedeutend, Für kleine zaghafte Momente wusste ich mal wieder, dass ich halt doch was besser kann.

Wenn Ihr diese Momente bei Euren Kindern vermehren könnt, dass sie sich bedeutend fühlen, wahrgenommen in ihren Fähigkeiten, dann ist das besser als jede Erfüllung eines lang ersehnten Geschenkes.
Das sind Geschenke, die für ein Leben lang wichtig sind, dem Kind Selbstvertrauen geben und das Gefühl, in seiner Eigenart angenommen und nützlich zu sein.

Bei mir kommen viele solche Erfahrungen erst jetzt, es ist spät, aber wohl dennoch nicht zu spät, denn ich bin an meinem Leben noch nicht verzweifelt. obwohl ich in der Pubertät viele Konflikte mit meinem unzulänglichen Körper hatte. Aber je tiefer und früher das Selbstwertgefühl in einem Kind Wurzeln schlagen kann, denke ich, umso besser kommt es durchs Leben und vor allem, fühlt sich geborgen im Leben. Das ist immens wichtig.

Ganz liebe Grüsse sendet Euch

Bea
Barbara Behr
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Registriert: 19. November 2010, 21:02
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Beitrag von Barbara Behr » 19. November 2010, 21:15

Hallo ich bin auch neu hier. Bei meinem Sohn ( 8 Jahre ) ist anfang diesen Jahres Aspergersyndrom festgestellt worden, jedoch steht im Bericht das er ein a-typischer Autist ist , da er Sprachverzögert ist. Angefangen hat es damit das er stark Sprach- und Entwicklungsverzögert war, motorisch war er und ist es teilweise noch auch verzögert. Er hat auch sogenannte Tics, das heisst er flattert mit seinen Armen und beklopft sich rhytmisch. Auch hat man oft das Gefühl das er weggetreten ist, das heisst das er nicht mehr ansprechbar ist. Aber im moment hat er gottseidank nur gute Tage , sodas es mit ihm leicht ist den Alltag zu erleben. Mein Sohn heisst Dominik und geht auf eine Förderschule für motorisch schwache und Körperbehinderte. Es hat Jahre gedauert bis wir erfahren haben was unser Sohn hat.
Wir sind eine 6köpfige Familie. lg
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